Locke schrieb:1. Warum sollte der Transrapid nicht für Langstrecken geeignet sein?
Bei Langstatorsystemen (der "Motor" befindet sich in der "Schiene", zB beim TR) ist der Fahrweg sehr teuer und dürfte sich gerade in den letzten 5 Jahren durch Preissteigerungen bei Kupfer und Stahl unverhältnismässig verteuert haben. Für eine Langstrecke ist ein solches System gegenüber dem Flugzeug bereits aufgrund der sehr hohen Baukosten unwirtschaftlich.
Bezgl der Betriebswirtschaflichkeit ist ausserdem zu bedenken dass verbrauchte Leistung und Wirkungsgrad des TR üblicherweise auf einen 3-gliedrigen Zug bezogen werden. Die entsprechenden Daten (4,5 MW und 0,85) liegen dabei im Bereich konventioneller schienengebundener Expresszüge (TGV, ICE-3, .) ABER ein 3-gliedriger TR stellt eine wesentlich kleinere Nutzfläche zur Verfügung als zB eine 8-gliedrige ICE-3 Kombination.
Würde man den TR entsprechend verlängern, so würde nicht nur sein Wirkungsgrad aufgrund des nun schlechteren cw-Wertes sinken, sondern aufgrund des höheren Gewichtes auch zu einem vermehrten Leistungsverbrauch führen (höherer Schwebestrom erforderlich). Will man auf Langstrecken vergleichbare Bestuhlung und sonstige Komfortmerkmale (1. Klasse mit noch höheren Sitzabständen und -breiten, Toiletten, Zugrestaurant, Gepäckablagefächer) erreichen, so wiese ein entsprechend verlängerter TR einen signifikant höheren Energiebedarf gegenüber einem Rad/Schiene-System pro Personenkilometer auf.
Pendelverkehr auf Kurzstrecken ermöglicht günstigerweise eine wesentlich dichtere Bestuhlung und den Verzicht auf 1. Klasse, Toiletten und Restaurantzonen, so dass nur in dieser Betriebsart ein günstiger Energieverbrauch besteht.
Zitat:(Was verstehst du unter lang?)
ZB München-Hamburg, Frankfurt- Madrid, etc, also > 500 km.
Zitat:2. Die Betriebskosten sind einfach auch nach heutiger Rechnung viel günstiger als bei heutigen Zügen. Das gilt für Gleis und Fahrzeuge.
Da würde ich ja mal gerne
deine Zahlen sehen. Alle mir bekannten Wirtschaftlichkeitsberechnungen sagen das Gegenteil aus, zB für die einstmals geplante Strecke Hamburg-Berlin (s. dazu
http://www.vr-transport.de/transrapid-wi...index.html), oder die Teststrecke in Shanghai.
Zitat:3. Eine Integration kann nur auf einer langen nicht versorgten oder stark überlasteten Strecke, aber gänzlich ungeeignet ist der Transrapid nicht.
Beim TR handelt es sich ja um ein "proprietäres Produkt", d.h. Fahrweg und Fahrzeug sind technisch und betriebsmässig eng miteinander verbunden und bilden zusammen ein patentgeschütztes Produkt
eines Herstellerkonsortiums (es gibt keine "second source", zumindest noch nicht .). D.h. aber auch dass sowohl Integration mit herkömmlichen Rad/Schiene Systemen als auch Wettbewerb innerhalb eines gemeinsamen TR-Netzes nicht möglich sind. Sowohl "roaming" von Fahrzeugen unterschiedlicher Hersteller (und Betreiber) sowie die Wiederverwendung existierender Infrastruktur ist nicht möglich.
http://de.wikipedia.org/wiki/Transrapid schrieb:Multisourcing der Fahrzeuge wie auch der sehr aufwendigen Kreuzungen und Weichen war und ist in der technischen Konzeption nicht vorgesehen. Der Transrapid hat im Gegensatz etwa zu Tram-Train keinerlei Mehrsystemfähigkeit und kann das Netz eines Nachbarlandes oder konkurrierenden Verkehrsträger weder kreuzen noch dort eingesetzt werden. Darüberhinaus macht es die proprietäre Konstruktion sehr schwierig, künftige technische Innovationen, Erweiterungen insbesondere der Kapazität (Fahrgäste wie Fahrzeuge pro Zeiteinheit) zu entwickeln und aufzubauen.
Das Marktsegment und der Einsatz von Transrapiden beschränkt sich damit wie das anderer Einschienenbahnen auch vor allem auf separat geführte Punkt-zu-Punkt-Verbindungen und Sonderlösungen (Touristenmagnete, Messe, Flughafen etc.) mit relativ geringem aber zeitkritischem Verkehrsaufkommen (Kapazität < Straßenbahn) ohne Güterverkehr. [Hervorhebung von mir]
Zitat:4. Es gibt keine "normalen" Züge, die schnellere Fahrtgeschwindigkeiten haben als der TR.
Nur weil ein getunter TGV einen neuen Hochgeschwindigkeitsrekord aufgestellt hat, heißt das noch lange nicht, dass er diese Geschwindigkeit auch im normalen Betrieb unter normalen Umständen erreicht. - BEI WEITEM NICHT
Es wäre doch einmal interessant zu wissen welche
Reisegeschwindigkeiten hier verglichen werden sollen. Sowohl in Shanghai als auch bei der geplanten Münchener Strecke nehmen sich diese doch recht "bescheiden" aus. In Shanghai zB wird die Betriebsgeschwindigkeit von 430 km/h lediglich für 50 Sekunden gehalten, Jeweils 12,5 km entfallen auf Brems- und Beschleunigungsstrecke. Rein rechnerisch ergibt sich dort also eine Reisegeschwindigkeit von v = 30 km / 8 Minuten = 225 km/h. Auch für München ergibt sich rechnerisch 222 km/h (37 km / 10 Minuten), wobei mir dies aufgrund der langen Tunnelstrecken (mögliche Geschwindigkeitsreduzierung aufgrund erforderlicher Sicherheitsmassnahmen) fraglich erscheint. Hierbei handelt es sich um typische Punkt-zu-Punkt-Verbindungen und "Sonderlösungen" (s.a. meine Hervorhebung oben)
Der frz TGV dagegen fährt die relativ lange Strecke Paris-Lyon (429km)
regelmässig in 1:55 Stunden was einer Reisegeschwindigkeit von 223 km/h entspricht. Technisch gesehen wäre diese sogar noch steigerungsfähig.
Spaceball schrieb:Dann würde mich mal interessieren wie viele Flugzeuge und wie viele Züge innerhalb Deutschlands verkehren.
http://www.destatis.de gibt leider keine Auskunft darüber, lediglich die Anzahl von Triebwagen, Loks und Reisezugwagen wird im 5-Jahresabstand erfasst. Die Anzahl der regelmässig verkehrenden Zugeinheiten müsste man von der DB erfahren können. Leider sind die Seiten der Bahn recht unübersichtlich und auch für die Flugbelastung in D habe ich keine aktuellen Zahlen greifbar.
destatis gibt allerdings eine Gesamttabelle der Personenkilometer (in Mio) aufgegliedert nach den Verkehrsarten:
Code:
Beförderung 2003 2004 2005 2006
Linienverkehr (ÖSPV) 8.034 8.627 8.662 8.764
Gelegenheitsverkehr (ÖSPV) 77 99 98 .
Eisenbahnen 2.024 2.071 2.131 2.212
Luftverkehr 121 136 146 154
Motorisierter Individualverkehr 56.980 57.277 56.140 .
Lt einer Veröffentlichung des
VCÖ ergibt sich folgender Energieverbrauch in
Kilojoule pro Personenkilometer (Durchschnittswerte):
Flugzeug: 3167
PKW, Nahverkehr 3103
PKW, Fernverkehr 1693
Überlandbus: 583
Bahn (Diesellok): 300
Bahn (E-Lok) 150
Fahrrad 67
Bezgl der CO2-Emissionen ergeben sich pro Personenkilometer lt
Bahn
PKW (Nahverkehr) 141 g
PKW (Fernverkehr) 143 g
Bahn (Nahverkehr) 81 g
Bahn (Fernverkehr) 47 g
Bus (Nahverkehr) 74 g
Bus (Fernverkehr) 31 g
Flugzeug 191 g
Für den
Güterverkehr ergeben sich lt Bahn CO2-Emissionen pro Tonnenkilometer von
LKW (40t) 89 g
Bahn 24 g
Binnenschiff 35 g
Flugzeug 665 g
Diese CO2-Emissionsmengen müssen noch mit dem RFI (Radiative Forcing Index) multipliziert werden um ihre "Erwärmungswirkung" zu berechnen. Der RFI berücksichtigt die Tatsache, dass die Erwärmungswirkung nicht nur vom emittierten CO2 sondern auch von anderen Emissionen der Verkehrsmittel verursacht werden (Stickoxide, beim Flugzeug auch Kondensstreifen). Für den Flugverkehr ergibt sich lt IPCC im Mittel ein RFI von 2,7 (2,0 . 4,0), für PKW-Verkehr ein RFI von 1,3 und für den elektrischen Bahnverkehr ein RFI von 1,0.
(Allerdings sollte diesbzgl nicht unerwähnt bleiben dass rund 1/3 des von der Bahn genutzten Stroms aus Kernkraftwerken stammt und also hier noch weitere negative Effekte auftreten welche die Kernenergienutzung mit sich bringt.)
Bzgl des Personen-Flugverkehrs in der EU25 ergab sich 2005 eine Gesamtemissionsmenge von ca 133 Mio Tonnen CO2[1]. Berücksichtigt man den vom IPCC angegebenen RFI von 2,7 so entspricht dies in etwa einem (hypothetischen) Emissionsvolumen des europäischen Bahnverkehrs von 360 Mio Tonnen. Zum Vergleich: für 2006 gibt die Bahn gerade mal Emissionen von ca 7 Mio Tonnen im Bereich Traktion an[2] - inkl Güterverkehr!
[1] VCÖ-Publikation "Fokus Flugverkehr - Folgen des Wachstums", Wien 2006.
[2]
http://www.db.de/site/nachhaltigkeitsber...chutz.html
Gruß
Michael