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Tycoon
    
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Island und das globale Finanzkapital
Dass man so etwas noch erleben darf?!
Der isländische Staatspräsident Ólafur Ragnar Grímsson hat also seine Unterschrift unter das von seiner Regierung eingebrachte und vom Parlament verabschiedete Entschädigungsgesetz verweigert und sich für eine Volksabstimmung darüber ausgesprochen.
Zur Vorgeschichte:
Mehr als 300,000 Kunden aus U.K und den Niederlanden hatten unnatürlich hohen Zinsversprechungen der isländischen Internetbank "Icesave" nicht widerstehen können und wurden im letzten Jahr ein Opfer der sog. "Finanzkrise". Nach der unausweichlichen Verstaatlichung der "Landsbankii", des Mutterunternehmens von Icesave, verloren die Sparer ihre Einlagen.
Nun hatten aber das Königreich und die Niederlande bereits ihrerseits Entschädigungszahlungen an ihre Bürger geleistet, im "Vertrauen" auf spätere isländische Entschädigungszahlungen. Denn nicht nur isländische Banken waren in die Pleite gerutscht, auch der isländische Staat hatte bankrott gemacht und konnte nur durch finanzielle "Hilfen" des IWF und verschiedener (europäischer) Staaten finanziell am Leben gehalten werden. Island hatte also in kommenden Verhandlungen britischen und niederländischen Ansprüchen wenig entgegen zu setzen. Zudem das Land nun auch noch möglichst schnell Mitglied der EU werden wollte. So weit, so gut.
Gegen das Entschädigungsgesetz, das letztlich die isländischen Bürger für die Pleite einer isländischen Privatbank aufkommen lassen sollte (3,8 Mrd Euro / 320.000 Einwohner = ca 12.000 Euro pro Nase) entwickelte sich allerdings erheblicher Widerstand in der Bevölkerung. In einer Unterschriftenkampagne sprachen sich 61.000 Bürger gegen das Gesetz aus (das sind immerhin ca 25% der Wählerschaft!), und im Parlament wurde das Gesetz auch nur mit knapper Mehrheit verabschiedet.
Mit Grímssons mutiger Entscheidung hat das Land natürlich "seinen politischen Kredit bei EU und IWF verspielt" (manager-magazin). Seine "internationale Verlässlichkeit" (Finanzminister Sigfusson) "unter Beweis" zu stellen ist fehlgeschlagen. Die Beitrittsbemühungen von Island werden seitens der EU "auf Eis" gelegt, der IWF wird einen "dringend notwendigen" Kredit nicht auszahlen, und heute abend hat die anglo-amerikanische Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit des Landes weiter abgesenkt, indem das Rating isländischer Anleihen herabgestuft (auf BB+ == "spekulativ") und zugleich vor einer weiteren Herabstufung "gewarnt" wurde.
Als nicht am Finanzgeschehen interessierter Mensch kann man sich die Wirkung all dieser "Massnahmen" in ihren Auswirkungen vermutlich nicht vorstellen. Trotzdem, gegen eine derart massive Erpressung, und trotz offenen Vorzeigens der "Folterinstrumente" --- ein Isländer sagt "Nein", und vermutlich (ich hoffe darauf) werden auch im Referendum die Isländer mit "Nein" stimmen.
Da ja angeblich in jedem Unglück auch etwas Gutes verborgen ist, könnte die Nicht-Vereinnahmung Islands durch das globalisierte Kapital und seine Interessen für Islands Bürger trotz aller Widrigkeiten letztlich besser ausgehen als die geplante "Rettung". Möglicherweise besser als sich "der Zahltag" hier in D entwickeln wird. Und die Isländer haben die Chance wahrgenommen, Mut zu zeigen statt der üblichen Feigheit.
Überflüssig zu erwähnen bliebe nur noch dass man etwas Ähnliches hier in D auch bis zum Sankt-Nimmerleinstag nicht erwarten muss.
Gruß
Michael
Zitat:EU-Wirtschaft- und Währungskommissar Joaquin Almunia hat alle Besorgnisse über den Schuldnerstatus Griechenlands als unbegründet zurückgewiesen.
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05.01.2010 23:31 |
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