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Zugkraft oder Pferdestärken?
Verfasser Nachricht
Ewek
Gleisarbeiter
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Beiträge: 24
Registriert seit: Jun 2011
Beitrag #1
Zugkraft oder Pferdestärken?
Wie wirken sich die genannten Größen eigentlich genau aus? Es ist ja so, dass Dieselloks anscheinend größere Zugkraft haben, während elektrische Loks mehr PS haben. Ich habe den Eindruck, dass die elektrischen Loks besser beschleunigen, also bei gleicher Endgeschwindigkeit eine hohe PS-Zahl wichtiger ist. Was besagt aber dann noch die Zugkraft?

Veralten eigentlich die Anhänger irgendwann, also die Waggons, die man an die Loks anhängt?
28.07.2011 13:26
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Yoshi
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Beitrag #2
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
Veralten in welchem Sinne?
28.07.2011 13:33
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robotron
Gleisarbeiter
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Beiträge: 154
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Beitrag #3
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
nein, nur im sinne von zu klein, zu langsam

[Bild: picture_458.jpg]
28.07.2011 13:42
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Yoshi
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Beiträge: 1.926
Registriert seit: Jul 2009
Beitrag #4
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
Die Originale veralten nicht, wenn GRFs benutzt werden, dann je nach GRF schon.
28.07.2011 13:46
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Ewek
Gleisarbeiter
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Beiträge: 24
Registriert seit: Jun 2011
Beitrag #5
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
Ich habe hier irgendwo gelesen, dass jemand auch die Waggons ersetzt. Zumindest mindert sich ja deren Wert mit den Jahren. Aber wenn also keine GRFs benutzt, dann bleiben die Dinge immer gleich funktional?
28.07.2011 13:49
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Sven
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Beiträge: 263
Registriert seit: Jun 2011
Beitrag #6
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
Im Originalspiel war es wohl so, dass bei zwei konkurrierenden Angeboten das Frachtaufkommen mehr in Richtung neuerer Fahrzeuge (auch Wagen) ging und damit ein Erneuern auch sinnvoll wäre. Ist das bei OTTD übernommen worden?
28.07.2011 13:56
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Yoshi
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Beiträge: 1.926
Registriert seit: Jul 2009
Beitrag #7
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
Das Originalset (TTO/TTD/TTDpatch und OpenTTD) hat nur ein Sortiment von Wagen, die es die ganze Zeit unverändert behält!

Bei GRFs werden andere Waggons angeboten, dort sind die Einstellungen variabel, dass heißt es kommt aufs Set an.

Für das DBSet XL steht dazu in der Lies mich nicht-Datei einiges drin.
28.07.2011 16:14
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Eddi
Tycoon
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Beiträge: 4.066
Registriert seit: Aug 2008
Beitrag #8
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
(grobe) Faustregel: wenn du schnell fahren willst, brauchst du mehr PS, wenn du schwere Züge befördern willst, brauchst du mehr kN (besonders an Steigungen). Das Physikmodell von OpenTTD ist nicht besonders detailliert, so gäbe es normalerweise auch unterschiede zwischen "Anfahrzugkraft" und "Dauerzugkraft", "Stundenleistung" und "Dauerleistung" etc.

Das ist nicht besonders gut dokumentiert, aber beispielsweise im DBSetXL 0.82 hängt vom Alter des Wagens beispielsweise die Einstiegsgeschwindigkeit der Passagiere ab, also neuere Wagen beladen teilweise schneller als alte.
28.07.2011 16:17
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Ewek
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Beiträge: 24
Registriert seit: Jun 2011
Beitrag #9
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
(28.07.2011 16:17)Eddi schrieb:  (grobe) Faustregel: wenn du schnell fahren willst, brauchst du mehr PS, wenn du schwere Züge befördern willst, brauchst du mehr kN (besonders an Steigungen). Das Physikmodell von OpenTTD ist nicht besonders detailliert, so gäbe es normalerweise auch unterschiede zwischen "Anfahrzugkraft" und "Dauerzugkraft", "Stundenleistung" und "Dauerleistung" etc.

Das ist nicht besonders gut dokumentiert, aber beispielsweise im DBSetXL 0.82 hängt vom Alter des Wagens beispielsweise die Einstiegsgeschwindigkeit der Passagiere ab, also neuere Wagen beladen teilweise schneller als alte.

Hm, die Geschwindigkeit wird ja angegeben, also geht es doch nur um die Beschleunigung, oder?
Komischerweise ist bei der einen Dieseldoppellock die Höchstgeschwindigkeit 201 km/h bei geringerer PS-Zahl, als bei einer elektrischen Lok, die nur 177 km/h schnell wird. Beschleunigen tut aber die elektrische Lok besser, obwohl die Zugkraft der Diesellok deutlich höher ist. Müsste dann die Beschleunigung der elektrischen Lok stärker abnehmen, als die der Diesellok, wenn man viele Anhänger dranmacht? Oder wirkt sich die Zugkraft dann wirklich nur bei Anstiegen aus (die ich sowieso nach Möglichkeit vermeide, indem ich die Landschaft entsprechend anpasse und Brücken sozusagen ebenerdig baue)?
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 28.07.2011 17:07 von Ewek.)
28.07.2011 17:06
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Eddi
Tycoon
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Beitrag #10
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
Also, kurzer Exkurs Mechanik:

Für die Zugkraft, die eine in Fahrt befindliche Lok ausüben kann, gilt die Formel:
Code:
F_p = P/v
Wobei P die Leistung und v die momentane Geschwindigkeit ist. Allerdings kann diese Kraft niemals höher sein als die maximale Anfahrzugkraft. Diese setzt sich meist aus Drehmoment des Motors und Getriebeübersetzung zusammen, kann aber niemals die Haftreibung übersteigen (Stahl auf Stahl, trocken/nass, Sand/kein Sand, ...)
Code:
F = min(F_h, F_a, F_p)
bei Gleichheit von Anfahrzugkraft und "Leistungszugkraft" ergibt sich für jede Lok eine charakteristische Geschwindigkeit, wo zwischen beiden "Beschleunigungsmodi" umgeschaltet wird:
Code:
F_a = F_p = P/v
v = P/F_a

Mal als Beispiel die Baureihe 132 der DR:
Code:
P = 2200kW
v_max = 120km/h = 33,3m/s
F_a = 480kN
F(v_max) = P/v_max = 2200kW/(33,3m/s) = 66kN
v(F_a) = P/F_a = 2200kW/(480kN) = 4,6m/s = 16,5 km/h
Für die Beschleunigung stehen also im Bereich bis 16,5km/h 480kN zur Verfügung, darüber hinaus sinkt es hyperbolisch mit höherer Geschwindigkeit ab. Das ist hier natürlich vereinfacht, da bei Diesel- bzw. Elektromotoren die Leistung noch von Drehzahl etc. abhängt.

Was bedeutet das jetzt für einen Zug? Die jeweilige Zugkraft teilt sich jetzt in 4 Teile auf:
Die Überwindung der Rollreibung, der Luftwiderstand, die Hangabtriebskraft (bei Steigungen) und die für Beschleunigung zur Verfügung stehende resultierende Kraft.
Code:
F_res = min(F_h, F_a, F_p) - (F_r + F_cw + F_alpha)
Wenn diese Kraft 0 erreicht, dann hat der Zug seine Höchstgeschwindigkeit erreicht.

Angenommen, du willst jetzt mit dieser Lok einen Zug mit 120km/h in der Ebene befördern, dann steht dir wie oben berechnet eine Kraft von 66kN zur Verfügung.
Der Luftwiderstand berechnet sich aus
Code:
F_cw = rho/2 * c_w * A * v^2
rho ~ (1,2..1,4) kg/m^3
c_w ~ (0,3..0,5) + (0,1..0,2)*n_Wagen
A ~ 10..15m²
vereinfacht nehmen wir mal an:
Code:
F_cw ~ 25kg/m * v^2 = 25 * 33.3^2 = 27,7kN
Die Rollreibung berechnet sich aus:
Code:
F_r = m*µ_r*g
µ_r ~ 0,001-0,002
g = 9,81N/kg ~ 10N/kg
=> F_r = 0,01N/kg * m = 0,01kN/t * m
also ergibt sich für die resultierende Kraft bei Höchstgeschwindigkeit:
Code:
0 = F_res = 66kN - 27,7kN - 0,01kN/t * m
m = 100t/kN*(66-27,7)kN ~ 3800t
Ein derartig schwerer Zug wird sich der Höhchstgeschwindigkeit allerdings nur asymptotisch annähern.
28.07.2011 19:03
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Yoshi
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Beitrag #11
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
Kurz?
28.07.2011 20:17
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Ewek
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Beitrag #12
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
Eigentlich wollte ich nur wissen, wie sich die Werte im Spiel auswirken. Mit den Rechnungen kann ich übrigens, mit Verlaub, nichts anfangen, da ich keine Ahnung von den Formalisierungskonventionen im Ingeneurswesen habe.
28.07.2011 20:54
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Eddi
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Beitrag #13
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
(28.07.2011 20:17)Yoshi schrieb:  Kurz?
Die lange Version würde jetzt noch aufzeigen, welche Auswirkungen eine Steigung hätte Zwinkern

Also die ganz Kurze Version:
Die Anfahrzugkraft beeinflußt die Zeit, die du aus dem Stand in eine niedrige Fahrtgeschwindigkeit (hier im Beispiel 16,5km/h) benötigst, die Leistung alles darüber hinaus.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 28.07.2011 21:08 von Eddi.)
28.07.2011 21:05
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pETe!
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Beitrag #14
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
(28.07.2011 20:54)Ewek schrieb:  Eigentlich wollte ich nur wissen, wie sich die Werte im Spiel auswirken. Mit den Rechnungen kann ich übrigens, mit Verlaub, nichts anfangen, da ich keine Ahnung von den Formalisierungskonventionen im Ingeneurswesen habe.
Das ist keine formal hergeleitete Berechnung des Ingenieurswesens, sondern höchstens Fachoberschulniveau. Wie ich finde aber recht verständlich. Die "grobe Auswirkung" der Werte im Spiel hat Eddi dir ja schon weiter oben genannt. Eine einfache Formel mit nur zwei Variablen scheint es dann wohl nicht zu geben, so wie es aussieht, ist es auch schwierig, das oben genannte noch zu nähern.
28.07.2011 21:15
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Ewek
Gleisarbeiter
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Registriert seit: Jun 2011
Beitrag #15
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
(28.07.2011 21:15)pETe! schrieb:  Das ist keine formal hergeleitete Berechnung des Ingenieurswesens, sondern höchstens Fachoberschulniveau. Wie ich finde aber recht verständlich. Die "grobe Auswirkung" der Werte im Spiel hat Eddi dir ja schon weiter oben genannt. Eine einfache Formel mit nur zwei Variablen scheint es dann wohl nicht zu geben, so wie es aussieht, ist es auch schwierig, das oben genannte noch zu nähern.
Tja, ich war nie auf einer Fachoberschule.Traurig
29.07.2011 00:15
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mb
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Beitrag #16
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
pETe! schrieb:Das ist keine formal hergeleitete Berechnung des Ingenieurswesens, sondern höchstens Fachoberschulniveau. Wie ich finde aber recht verständlich. Die "grobe Auswirkung" der Werte im Spiel hat Eddi dir ja schon weiter oben genannt. Eine einfache Formel mit nur zwei Variablen scheint es dann wohl nicht zu geben, so wie es aussieht, ist es auch schwierig, das oben genannte noch zu nähern.

Gut möglich, Eddi ist ja weder Physiker noch Ingenieur. Cool


Aber um dem OP zu helfen (und zu Archivzwecken) ist wohl wieder etwas ganz bodenständige Erste-Klasse-Physik vonnöten ... also hier mal kurz die grundsätzlichen Begriffe ins Gedächtnis gerufen:

1) "Kraft" ist die Ursache für die Änderung des Bewegungszustands eines Körpers (Newton, der war nicht nur gläubiger Christ und Börsenspekulant, sondern auch Mathematiker/Physiker/Astronom Cool ). Ohne äussere Krafteinwirkung verharrt ein Körper also im Zustand der Ruhe oder der geradlinig gleichförmigen Bewegung. "Kraft" ist eine vektorielle Grösse, d.h. sie hat (bzw kann) verschiedene Werte bzgl der räumlichen Dimensionen (annehmen).

Das zweite Newton´sche Gesetz verknüpft (bzw leitet sie her) die "Kraft" mit dem "Impuls". Dieser ist definiert als die vektorielle Summe der Produkte der Punktmassen m_i eines Körpers und ihrer Geschwindigkeiten v_i: p = m_i * v_i. Die "Kraft" ist nun definiert als die erste zeitliche Ableitung des "Impulses": F_i = dp_i / dt, bzw unter Berücksichtigung der "Beschleunigung" (die erste zeitliche Ableitung der Geschwindigkeit: a = dv / dt): F = m * a.

Um die Geschwindigkeit eines Körper zu ändern (beschleunigen, bremsen) muss "Impuls" übertragen werden (der "Impuls" ist eine "Erhaltungsgrösse" die aus der Homogenität des Raumes folgt[*]), und dieser pro Zeiteinheit übertragene Impuls wird als "Kraft" bezeichnet.

2) Die "Arbeit" einer Kraft längs der endlichen Wegstrecke s einer Bahnkurve auf der sich der Angriffspunkt dieser Kraft verschiebt, ist bei konstanter Kraft das Produkt aus dem Betrag des zurückgelegten Wegs und der Komponente der Kraft in Richtung dieses Wegs. D.h., "Arbeit" ist das skalare Produkt aus Kraft und Weg. -> W = F * s

3) Die "Leistung" einer Kraft ist die erste zeitliche Ableitung der "Arbeit", bzw das skalare Produkt dieser Kraft und der Geschwindigkeit mit der sich ihr Angriffspunkt auf der Bahnkurve verschiebt: P = dW / dt -> F * dr / dt -> F * v

Damit sollten eigentlich alle Fragen beantwortet sein.

[*] s. http://de.wikipedia.org/wiki/Noether-Theorem


Ewek schrieb:Komischerweise ist bei der einen Dieseldoppellock die Höchstgeschwindigkeit 201 km/h bei geringerer PS-Zahl, als bei einer elektrischen Lok, die nur 177 km/h schnell wird.

Diese Zahlen sind ohne Bedeutung, die hat einfach jemand so angegeben.

Die "Zugkraft" die eine Lokomotive am Zughaken ausübt wird (bei Diesel- und Elektroloks) hauptsächlich durch die "Leistung" der Fahrmotoren bestimmt, sie hängt aber auch von der Haftreibung Rad/Schiene ab, die von der Reibungslast[*] der Lok und dem angenommenen Haftreibungsbeiwert (abhängig vom Schienenzustand: trocken, gesandet, nass, glitschig, vereist, ..., aber auch von der Geschwindigkeit) beeinflusst wird.

Bei Einzelachsantrieb muss man zusätzlich beachten dass die einzelnen Achsen recht unterschiedlich belastet sein können (zB beim Anziehen eines schweren Zuges werden die vorderen Achsen weniger stark belastet als die hinteren, -> Kippmoment) und daher unter Umständen auch nur niedrigere Kräfte übertragen können (-> Achslastausgleich).

[Nebenbei bemerkt: Die maximale Haftreibung wird bei Dampfloks übrigens wesentlich schlechter ausgenutzt wegen der dort aufgrund sich ständig ändernder Kolbenkräfte schwankender Zugkraft. Übrigens lässt die Leistung einer Dampflok auch im oberen Geschwindigkeitsbereich unverhältnismässig schnell nach, aufgrund der starken Drosselung des Dampfs in den Dampfkanälen, ein Effekt der im Spiel nicht modelliert wird und dadurch die Dampfloks generell überbewertet. Diesbzgl könnte man das Modell leicht erweitern, WIMRE wurde das nebenan vor längerer Zeit bereits diskutiert.]

[*] Der Kraft die die angetriebenen Radsätze auf die Schiene ausüben, bzw die Summe der Achslasten der angetriebenen Achsen.


Die erreichbare "Höchstgeschwindigkeit" hängt nicht allein von der zur Beschleunigung zur Verfügung stehenden Motorkraft ab, sondern wesentlich auch von anderen technischen Randbedingungen, zB der Getriebeübersetzung. Güterzugloks haben zB immer eine niedrigere Getriebeübersetzung als Reisezugloks, sodass bei ersteren mehr Zugkraft bei kleinerer Geschwindigkeit zur Verfügung steht, und bei einer Reisezuglok umgekehrt, also eine höhere Geschwindigkeit bei niedrigerer Zugkraft. Desweiteren ist auch die Höchstgeschwindigkeit zulassungsmässig begrenzt. Jede Lok kann, technisch gesehen, eine höhere Geschwindigkeit erreichen als diejenige Geschwindigkeit die zB in Wikipedia als "Höchstgeschwindigkeit" eingetragen ist. Diese ist nicht die höchste Geschwindigkeit die die Lok aufgrund ihrer Leistung erreichen kann (s.a. Eddis Beitrag).

Ewek schrieb:Beschleunigen tut aber die elektrische Lok besser, obwohl die Zugkraft der Diesellok deutlich höher ist. Müsste dann die Beschleunigung der elektrischen Lok stärker abnehmen, als die der Diesellok, wenn man viele Anhänger dranmacht? Oder wirkt sich die Zugkraft dann wirklich nur bei Anstiegen aus

Zugkraft ist sowohl in der Ebene als auch in der Steigung erforderlich, dort allerdings in erheblich anderer Grössenordnung, da hier zusätzlich die Hangabtriebskraft (Erdbeschleunigung * sin(Steigung)) zu überwinden ist:

- In der Ebene ist lediglich die (recht kleine) Reibung Rad-Schiene zu überwinden[*]. Also zB bei einem Haftreibungskoeffizient von 0,35µ (Stahl/Stahl, trocken) bräuchte man eine Kraft von 35 N(ewton) um eine Masse von einer Tonne zu bewegen.

[*] abgesehen von innerer Reibung, Luftwiderstand, Bahnwiderständen, etc

- Für die Bewegung derselben Masse in einer Steigung braucht es aber eine zusätzliche Kraft von 9,81 N pro Promille (zB 30‰, also 3m Höhendifferenz pro 100m Strecke = 0,3).

Dieser zusätzliche Kraftbedarf für die Steigung ist wesentlich grösser als die Kraft die allein für die Bewegung in der Ebene benötigt wird. Für eine Zugmasse von 800 Tonnen ergäbe sich:

in der Ebene: 800 (Tonnen) * 35 (N) = 28.000 N
für die Steigung: 800 (Tonnen) * 30 (‰) * ~10 (N) = 240.000 N
Summe: 28.000 N + 240.000 N = 268.000 N -> 268 kN

Will man diese Zugmasse nun mit 60 km/h die Steigung hinaufbewegen, bräuchte man eine Leistung von

P = F * v, also:

P = 268 kN * 60 km/h = 268 kN * 16,66 m/s = 4466 kW[*]

[*] s. http://www.tt-forums.net/viewtopic.php?p...cf#p751674

Für die Ebene aber würde bereits eine Lokleistung von

P = 28 kN * 60 km/h = 28 kN * 16,66 m/s = 466 kW

ausreichen. Cool

In der Praxis (nicht im Spiel) muss man die Rechnung genauer ausführen, denn normalerweise ist ja nur die Lok angetrieben, aber nicht die Wagen. Man muss also für die Lok die speziellen Fahrwiderstände (Bahnwiderstand, Steigungswiderstand, Krümmungswiderstand, Beschleunigungswiderstand, Luftwiderstand) berücksichtigen, und für die Wagen modifizierte Fahrwiderstände anwenden.


Eddi schrieb:[...] "Anfahrzugkraft" und "Dauerzugkraft", "Stundenleistung" und "Dauerleistung" etc.

Der grosse Vorteil von Elektromotoren ist dass sie kurzzeitig sehr stark überlastet werden können. Da die Zugkraft direkt von der Leistung abhängig ist (s.o.), kann zum Anfahren kurzfristig auch eine sehr hohe Anfahrzugkraft (optimalerweise bis zur Grenze der Haftreibung) genutzt werden. Bei Dampfloks dagegen hängt die Anfahrzugkraft (abgesehen von Abmessungen der Dampfmaschine und der Reibungslast) von der Leistungsfähigkeit des Kessels ab, die schon aus ökonmischen Gründen begrenzt ist (man bräuchte den leistungsfähigeren Kessel lediglich zum Anfahren).

Als "Stundenleistung" bezeichnet man diejenige Leistung die eine elektrische Maschine (Elektromotor, Transformator) vom kalten Zustand ausgehend eine Stunde lang erbringen kann, ohne sich unzulässig zu erwärmen. Die "Dauerleistung" hingegen kann beliebig lange erbracht werden ohne eine unzulässige Erwärmung. Die Dauerleistung würde dann auch die "Dauerzugkraft" bestimmen.

Gruß
Michael

Zitat:EU-Wirtschaft- und Währungskommissar Joaquin Almunia hat alle Besorgnisse über den Schuldnerstatus Griechenlands als unbegründet zurückgewiesen.
29.07.2011 19:36
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Bernhard
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Beitrag #17
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
Hi Michael, eine tolle, umfassende Erklärung. Danke!
Eigentlich müsste man den Beitrag gleich in die FAQ verschieben!

"Das Böse triumphiert alleine dadurch, daß gute Menschen nichts unternehmen!" Edward Burke, 1729-1797

"Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont!" Konrad Adenauer, 1876-1976 Zwinkern
01.08.2011 12:48
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mb
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Registriert seit: Mar 2005
Beitrag #18
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
Bernhard schrieb:Hi Michael, eine tolle, umfassende Erklärung. Danke!

Wenn du meinst ...? Habe ich nichts dagegen. Ich sollte allerdings noch ein paar kleine Tippfehler beseitigen.

Allerdings frage ich ich gerade ob Begriffe wie "erste zeitliche Ableitung" überhaupt für die meisten verständlich sind? Das Thema an sich ist ja trivial, aber möglicherweise nur wenn man mit einigen mathematischen Begriffen etwas anzufangen weiss?

Bernhard schrieb:Eigentlich müsste man den Beitrag gleich in die FAQ verschieben!

Sag´ mir einfach in welchem Bereich bzw unter welchem Thema du ihn in der FAQ unterbringen möchtest und ich überarbeite ihn noch ein wenig dafür.

Gruß
Michael

Zitat:EU-Wirtschaft- und Währungskommissar Joaquin Almunia hat alle Besorgnisse über den Schuldnerstatus Griechenlands als unbegründet zurückgewiesen.
02.08.2011 08:22
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Bernhard
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Registriert seit: Jan 2004
Beitrag #19
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
Das Thema kam ja doch schon einige Male auf. Ich denke eine Überschrift wie "Zugkraft von Lokomotiven" oder "Berechnung der Zugkraft von Lokomotiven" wäre ganz sinnvoll.

"Das Böse triumphiert alleine dadurch, daß gute Menschen nichts unternehmen!" Edward Burke, 1729-1797

"Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont!" Konrad Adenauer, 1876-1976 Zwinkern
02.08.2011 11:00
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Ewek
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Registriert seit: Jun 2011
Beitrag #20
RE: Zugkraft oder Pferdestärken?
Ich denke tatsächlich, dass sowas wie "Ableitung" nicht ganz trivial ist. Wir hatten in Mathe Ab- und Aufleitungen, wenn ich mich recht entsinne, doch kann ich mich nicht mehr recht erinnern, was das im Einzelnen war und habe es wohl damals auch nicht ganz verstanden. Das Problem auf dem Niveau ist vermutlich auch weniger der Sachverhalt selbst, als eher der Gebrauch bestimmter Fachbegriffe und bestimmter Formalisierungen. Das sind dann nämlich Konventionen, die nicht jeder kennt.
02.08.2011 11:28
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